Entgrenzung

Entgrenzung der Arbeit meint die mit der Digitalisierung der Arbeitswelt zunehmende Auflösung vorgegebener organisatorischer Arbeitsstrukturen. Der digitale Wandel der Arbeit ermöglicht weitreichende räumliche und zeitliche Entgrenzung der Arbeit. Dies eröffnet neue Gestaltungsspielräume für die Arbeitsorganisation. Risiken liegen in einer höheren Belastung und Selbstausbeutung der Beschäftigten sowie in erhöhtem Überwachungspotenzial.

Es geht beim Thema Entgrenzung um Arbeit, die an digitalen Endgeräten wie PCs oder Smartphones ausgeübt werden kann. Arbeitende können damit ortsunabhängig tätig sein und ihre Ergebnisse über das Internet an den Arbeitgeber:innen übermitteln. Auch die Arbeitszeit kann weitgehend frei gewählt werden; das rechtzeitig gelieferte Ergebnis zählt.

Entgrenzung durch neue Technologie, Marktstrukturen und Lebensmodelle

Triebkräfte für diese Entwicklung der Entgrenzung sind technologische Innovationen, die Globalisierung und flexibilisierte institutionelle Regeln auf den Arbeitsmärkten. Dazu kommen veränderte Präferenzen und Lebenslagen der Erwerbstätigen. In der Arbeitssoziologie wird diskutiert, ob heutiger Kapitalismus eine Arbeitskraft zunehmend dazu drängt, wie selbständige Unternehmer:innen zu agieren (Verbetrieblichung und Rationalisierung der Lebensführung des Einzelnen und damit der Gesellschaft).

Die Entgrenzung der Arbeit betrifft traditionelle Angestelltenverhältnisse und in höherem Maße neue Erwerbsmodelle, in denen der Erwerbstätige selbständig tätig ist und mit Arbeitgeber:innen nur von Auftrag zu Auftrag verbunden ist. Diese Modelle schlagen sich in Formen und Begriffen wie Crowdworking, Gig Economy und Shared Economy nieder.

In Deutschland haben flexible Beschäftigungsformen einen Zuwachs von Arbeitsplätzen gebracht, allerdings in zeitlich beschränkten Arbeitsverhältnissen. Die Regelung der arbeitsorganisatorischen Flexibilität erfordert rechtliche, betriebswirtschaftliche und individuell tragfähige Lösungen.

Mehr Flexibilität - mehr Arbeitsbelastung

Die zunehmende Entgrenzung der Arbeit bringt Flexibilität für die Lebensgestaltung, erfordert das Setzen persönlicher Grenzen. Denn einerseits bringt die Flexibilität den Erwerbstätigen mehr Freiheit, Berufs- und Privatleben zu vereinbaren - Stichwort Work-Life-Balance. Andererseits gibt es Hinweise darauf, dass die Flexibilität zu einer tendenziell höheren Arbeitsbelastung führt. Die Grenzen zwischen Arbeit, Freizeit und Familie lösen sich auf. Empirische Untersuchung hat ergeben, dass länger außerhalb der üblichen Zeiten gearbeitet und das private Leben für Arbeit unterbrochen wird. Arbeitszeiten, -organisation und Entlohnung sind flexibler geworden, durch die Entgrenzung nimmt aber auch die Arbeitsintensität zu.

Durch die Entgrenzung von Privat- und Berufsleben redet man auch davon, dass an die Stelle der Work-Life-Balance (mit der Trennung beider Bereiche) ein Work-Life-Blending (eine Vermischung der Bereiche) tritt.

Beschleunigte Entwicklung und Spezialisierung machen zudem lebenslanges Lernen zu einer Basis des Arbeitslebens. Dafür bleibt während der Arbeitszeit häufig keine ausreichende Zeit, so dass sich das berufliche Fortbilden häufig auch in die Freizeit erstreckt, wie eine empirische Arbeit zeigte. Auch dies trägt zur Entgrenzung bei.